Sebastian Hirn Werkverzeichnis
mapping the past. deutschlandskizzen 2
bespielte Videoinstallation von Sebastian Hirn
gefördert durch das Nationale Performance Netzwerk (NPN) im Rahmen des Neustart Kultur Programms »Stepping out« der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und dem Berliner Senat.
Eröffnung Kunstquartier Bethanien, Studio 1 Berlin 23.10.2020
Ausstellung und Performance 19.-22.12.2024 mapping-the-past
Eröffnung Kunstquartier Bethanien, Studio 1 Berlin 23.10.2020
Ausstellung und Performance 19.-22.12.2024 mapping-the-past
»mapping the
past. Deutschlandskizzen 2« ist Teil einer längeren
Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit Deutschlands
im ehemaligen „Deutsch-Südwestafrika“, dem heutigen Namibia. In
einer filmisch-körperlichen Annäherung werden ausgewählte Denkmäler in
Deutschland vermessen, und das Material in einer 3-Kanal Installation
mit Archivmaterial aus dem ehemaligen „deutschen Schutzgebiet“
zusammengebracht und erneut tänzerisch befragt.
Im Zuge der deutschen Reichsgründung entstanden auf Betreiben von Patriotenvereinen monumentale Denkmäler und Plastiken die Wilhelm I *huldigten und in die direkte Nachfolge deutscher mittelalterlicher Kaiser stellten. Sie inthronisierten ihn zum weltlichen Oberhaupt der Christenheit und stellten das Haus Hohenzollern über alle anderen Herrscher Europas.
Im Zuge der deutschen Reichsgründung entstanden auf Betreiben von Patriotenvereinen monumentale Denkmäler und Plastiken die Wilhelm I *huldigten und in die direkte Nachfolge deutscher mittelalterlicher Kaiser stellten. Sie inthronisierten ihn zum weltlichen Oberhaupt der Christenheit und stellten das Haus Hohenzollern über alle anderen Herrscher Europas.
Mit der Selbstvergewisserung einer einheitlichen
deutschen Identität ging auch ein Weltmachtanspruch einher, der für das
„wiederhergestellte und geeinte Kaiserreich“ Kolonien forderte. Nachdem
durch Missionierung und private kaufmännische Initiativen der
Boden geebnet war und man in der Berliner Konferenz von 1884 den
afrikanischen Kontinent unter den europäischen Mächten aufgeteilt hatte,
wurde das heutige Namibia „deutsches Schutzgebiet“. Im Sinne des ”divide
ed impera” (teile und herrsche) verstanden es die deutschen Siedler und
Schutzsoldaten innerhalb weniger Jahrzehnte wesentliche Teile des Lands
zu beherrschen. 1904 kam es nach Aufständen zum Völkermord an der
Bevölkerungsgruppe der Herero und Nama. Überlebende wurden in
Konzentrationslager gebracht und ihre Arbeitskraft ausgebeutet. Das jüngst
ausgehandelte Abkommen zwischen der namibischen und deutschen
Regierung lehnen die Nachkommen des Genozids ab. Das Papier wurde bis
heute nicht vom namibischen Parlament ratifiziert.
La Morte di Abele
Kirchenoper von Leonardo Leo und Pietro Metastasio
Regie, Bühne und Lichtkonzept
Festival Retz 05.07.2024
Festival Retz 05.07.2024
»La Morte di Abele« von Leonardo Leo (1701 –
1744) und Pietro Metastasio ist eine Adaption des biblischen Kain und Abel
Stoffes und handelt vom ersten Mord der Menschheitsgeschichte. Aus dem Paradies
verbannt, tragen Adam und Eva die traumatische Schuld des Sündenfalls mit sich.
Während ihr Sohn Abel ein gottgefälliges Leben zu führen scheint, erinnert sie Kain,
als Frucht der Sünde, an ihre Vergangenheit. Um die eigene Schuld vor sich
selber rechtfertigen und die Herrschaft über die Familie aufrecht erhalten zu
können, gibt Adam, als Patriarch der Familie, im Sinne des „divide ed impera“,
die Schuld Eva und „ihrem“ Sohn Kain, während er Abel überhöht. Kain fühlt sich
zurückgesetzt und begehrt auf. Wie in der griechischen Tragödie folgt er seiner
zugewiesenen Bestimmung und tötet seinen Bruder Abel. Metastasio und Leo
liefern in ihrem Werk einen humanistischen Ausblick. Der Schlusschor dreht die
Anklage um und wirft sie spiegelbildlich an die Anklagenden und an die
Zuschauer*innen zurück. Im Sinne des neuen Testaments solle derjenige der frei
von Sünde sei den ersten Stein schmeißen und anstatt anzuklagen den Mörder in
sich selber suchen.
Bei der weltweit ersten szenischen Realisierung der
spätbarocken Oper wird der Kirchenraum selbst zur Bühne, das Altarbild zur
Projektionsfläche. Die Kostüme greifen die Farben des Altarbildes auf, der
teleologischen Zeitachse wird die zyklische Kirchenzeit entgegengestellt. Aus
einer riesengroßen Aufbahrung, einem Kindergrab, wie nach einem Anschlag, voll
mit Stofftieren und Blumen erhebt sich der tote Abel. Das Hochaltarbild, dass
die Steinigung des Hl. Stephan, den ersten Märtyrer des Christentums, zeigt,
wird über den Abend dekonstruiert um eine Prozession durch die Retzer
Landschaft zu zeigen die wieder am Tatort ankommt. Der Mord hat längst
stattgefunden und findet immer wieder aufs Neue statt. Der Stoff rührt an
psychologische und zivilisationsgeschichtliche Grundthemen und liest sich auf
der Folie unserer Gegenwart als brandaktuell.
Kritiken
Kritiken
bespielte Mehrkanal-Videoinstallation von
Sebastian Hirn
in Otjiherero, Khoekhoegowab, deutscher und englischer Sprache
»unwritten archives - (re)constructing the past« ist eine recherchebasierte, künstlerische
Untersuchung zur kolonialen Vergangenheit Deutschlands im ehemaligen „Deutsch
Südwestafrika“ und baut als Teil einer längeren Untersuchung auf den Arbeiten »mapping the past. Deutschlandskizzen 2«
und »Spuren der Erinnerung« auf. Auf Basis von Archivtexten sowie Interview- und
Filmmaterial, das Sebastian Hirn 2022 und 2023 auf Recherchereisen in Namibia
erstellte, wird die koloniale Vergangenheit Deutschlands im ehemaligen „Deutsch
Südwestafrika“ gemeinsam mit namibischen und deutschsprachigen Künstler*innen
befragt. Die Auseinandersetzung reicht von den Anfängen der
christlichen Mission Anfang des 19. Jahrhunderts bis zum „Aussöhnungsabkommen“.
In »unwritten archives -
(re)constructing the past« kommen Stimmen der Kolonisierten und Kolonisatoren über Tagebücher,
Briefwechsel und Chroniken zu Wort. Interviews ergänzen die historischen
Quellen mit verschiedenen heutigen Perspektiven. Bis heute fühlen sich die Nachfahren des ersten Völkermords an den
Ovaherero, Nama, Damara und San nicht gehört und verhinderten die Ratifizierung
im namibischen Parlament. Sie fordern Neuverhandlungen und eine
völkerrechtliche Anerkennung der Schuld.
Br Podcast, 3. Oktober 2023
Süddeutsche Zeitung, 7. September 2023
Br Podcast, 3. Oktober 2023
Süddeutsche Zeitung, 7. September 2023
Spuren der Erinnerung
bespielte Videoinstallation von Sebastian Hirn
gefördert vom Fonds Darstellende Künste
im Rahmen des Neustart Kultur Programms »take care« der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
Digitales Format unter: spuren-der-erinnerung.net
im Rahmen des Neustart Kultur Programms »take care« der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
Digitales Format unter: spuren-der-erinnerung.net
»Spuren der Erinnerung« ist eine Fortsetzung und Weiterentwicklung der Arbeit »mapping the past«, in der nationale Denkmäler, Monumentalarchitektur und Plastiken, die im Zuge der deutschen Reichsgründung erbaut wurden, im Verhältnis zum menschlichen Körper filmisch-tänzerisch untersucht und in einen Zusammenhang mit der deutschen Kolonialgeschichte gebracht werden.
»Spuren der Erinnerung« versucht die filmisch-körperliche Annäherung in den digitalen Raum zu erweitern und gleichzeitig den digitalen Raum als Schnittstelle zum realen Raum der Untersuchung zu nützen. In einer Art medialen Nachbelichtung wird die deutsche Geschichtsschreibung befragt und die Traumata des ersten Völkermords an den Herero und Nama in dem ehemaligen „Schutzgebiet“ Deutsch-Südwestafrika untersucht