Kritik einer Inszenierung im Schlosstheater in Schwetzingen
Cosi fan tutte, Schwetzingen 2008
Badische Heimat, Februar 2008
Badische Heimat, Februar 2008
Schwetzinger Mozartfestspiele 2008
Mozart: Cosi fan tutte
Mozart: Cosi fan tutte
Liebesbeweise und Liebesprüfungen stehen im Mittelpunkt dieser Opera buffa, zu der Lorenzo da Ponte das Libretto und Mozart die Musik schrieben. Die Schwetzinger Mozartgesellschaft, für die die Nachwuchsförderung schon immer ein besonderes Anliegen war, verknüpfte die Förderung junger Künstlertalente mit dem Anspruch, auch junge Zuhörer für den Konzert- und Opernsaal zu begeistern. Das Ergebnis ist nicht einfach eine Neuinszenierung, sondern das ehrgeizige Projekt einer Neufassung - zumindest der verbindenden Rezitative. Dass Mozart auch 2008 noch aktuell ist, zeigt sich in der Neu-Übersetzung und Übertragung der Texte in eine zeitgemäße Sprache. Fernab von einer effekthaschenden Vulgarität, wie man schnell feststellt. Die Musik dazu verknüpft mozart‘sche Tonalität mit zeitgenössisch verfremdeter Klangauffassung. Hier zeigt sich die Kreativität der Kompositionsstudenten aus den Klassen von Prof. Dr. Sidney Corbett (Musikhochschule Mannheim) und Prof. Jörn Arnecke (Musikhochschule Hamburg), die nicht nur die Neufassung der Rezitative leisteten, sondern auch die Um-Instrumentierung auf das kammermusikalische Sextett des Orchesters.
Die Oper wurde unter der Leitung des Jung-Regisseurs Sebastian Hirn, Jahrgang 1975, durch ein eigens für diese Aufführung zusammengestelltes Team von professionellen Sängerinnen und Sängern auf die Bühne des Rokokotheaters gebracht - ohne jeden Schnörkel im Bühnenbild. Eine puristische Kasten-Bretterwand empfängt den Besucher, die Sänger sitzen auf sechs davor gestellten Bürostühlen. Die Wand ist Projektionsfläche für Video-Aufnahmen der Aufführung selbst - ein deutlicher Bezug auf das „Spiel“, das hier gespielt wird. In die Spielfläche hinein eingebettet ein nur kammermusikalisch besetztes Orchester, das den Eindruck einer kleinen, Mozart-Zeitgenössischen Aufführung vermittelt. Statt des Abschieds-Chors der verschworenen Liebhaber allerdings dann das Lärmen von Hubschraubern, während dessen die Schauspieler die Bretterwand abmontieren und der Blick auf die Küche als Szenenaufbau des zweitens Teils des ersten Akts frei wird.
Durchweg ein Genuss sind die - italienisch gesungenen - Arien und Duette, die dem Original folgen. Dass die Akteure nicht im Authentizität vortäuschenden Rokoko-Kostüm agieren, kann heute niemanden mehr enttäuschen, dafür hat sich die Opernszene längst von denkmal-konservatorischen Vorstellungen gelöst. Dass ihre „moderne“ Sprache nicht banal daher kommt, zeugt vom hohen künstlerischen und ästhetischen Anspruch der Regisseurs und der Kompositeure. Das passt einfach zur ebenfalls aus den Zwängen des Klassischen befreiten Begleitmusik. Hier wird sich kaum ein empörter Aufschrei von Mozart-Konservatoren rechtfertigen lassen. Nur vereinzelt dann auch die Buhrufe während der Premiere, und nur wenige Zuschauer verließen den Saal im Vollgefühl ihrer Empörung.
Empörung über die Provokation, Mozart so zu verhunzen? Sicher war Mozart selbst ein Provokateur - insofern werden weder Mozart noch seine Musik verunstaltet. Zeitgenössische Musik will eben nicht „nur schön“ sein, will nicht „gefallen“.
Die Oper wurde unter der Leitung des Jung-Regisseurs Sebastian Hirn, Jahrgang 1975, durch ein eigens für diese Aufführung zusammengestelltes Team von professionellen Sängerinnen und Sängern auf die Bühne des Rokokotheaters gebracht - ohne jeden Schnörkel im Bühnenbild. Eine puristische Kasten-Bretterwand empfängt den Besucher, die Sänger sitzen auf sechs davor gestellten Bürostühlen. Die Wand ist Projektionsfläche für Video-Aufnahmen der Aufführung selbst - ein deutlicher Bezug auf das „Spiel“, das hier gespielt wird. In die Spielfläche hinein eingebettet ein nur kammermusikalisch besetztes Orchester, das den Eindruck einer kleinen, Mozart-Zeitgenössischen Aufführung vermittelt. Statt des Abschieds-Chors der verschworenen Liebhaber allerdings dann das Lärmen von Hubschraubern, während dessen die Schauspieler die Bretterwand abmontieren und der Blick auf die Küche als Szenenaufbau des zweitens Teils des ersten Akts frei wird.
Durchweg ein Genuss sind die - italienisch gesungenen - Arien und Duette, die dem Original folgen. Dass die Akteure nicht im Authentizität vortäuschenden Rokoko-Kostüm agieren, kann heute niemanden mehr enttäuschen, dafür hat sich die Opernszene längst von denkmal-konservatorischen Vorstellungen gelöst. Dass ihre „moderne“ Sprache nicht banal daher kommt, zeugt vom hohen künstlerischen und ästhetischen Anspruch der Regisseurs und der Kompositeure. Das passt einfach zur ebenfalls aus den Zwängen des Klassischen befreiten Begleitmusik. Hier wird sich kaum ein empörter Aufschrei von Mozart-Konservatoren rechtfertigen lassen. Nur vereinzelt dann auch die Buhrufe während der Premiere, und nur wenige Zuschauer verließen den Saal im Vollgefühl ihrer Empörung.
Empörung über die Provokation, Mozart so zu verhunzen? Sicher war Mozart selbst ein Provokateur - insofern werden weder Mozart noch seine Musik verunstaltet. Zeitgenössische Musik will eben nicht „nur schön“ sein, will nicht „gefallen“.
Und die Aufführung lebte zum Teil aus dem harten Kontrast zwischen den Arien und Duetten im „göttlichen“ Stil des Komponisten und der harten Realität der Rezitative. Harte Realität auch das Bühnenbild des zweiten Akts, in dem sich die Aktuere zwischen aufgetürmten Müllsäcken - dem Müll ihrer eigenen Beziehungsfähigkeit - bewegten. Del Pontes Libretto - eigentlich mehr als eine „glatte Geschichte“ um Liebe und Liebelei. Es lässt sich wirklich, das hat der Regisseur deutlich herausgearbeitet, mühelos mit dem kleinen alltäglichen Beziehungchaos von heute verknüpfen. Hier allerdings das Versöhnungsfinale in eine konfliktbereitere Lösung umzuarbeiten hätte mit Mozart dann nur noch wenig zu tun gehabt.
Wohltuend in der Tat die Besetzung.
Die Sängerinnen und Sänger - Wiebke Huhs als Fiordiligi (Sopran), Susanne Wiencierz als Dorabella (Mezzosopran) und Claudia Rometsch als verführende Despina (Sopran), dann Danilo Tepsa als Ferrando (Tenor), Hinrich Horn als Giglielmo (Bass-Bariton) und schließlich Till Bleckwedel als zynischer Don Antonio (Bass-Bariton) - brillierten durch klare Stimmen, auch in schwierigeren Passagen der Oper. Sie sangen nicht nur, sie spielten ihre Rollen auch durchweg authentisch. Und stimmgewaltig die wunderbaren Final-Tutti des ersten und zweiten Akts.
Dass nun allerdings die „beklemmende Aktualität“ des Librettos, die der Regisseur sieht, wirklich vermittelt wurde, sei dahin gestellt. Es ist ihm zweifellos gelungen, den Bogen von Mozart zu heute zu schlagen, nicht nur ihm Bühnenbild (das ist fast üblich, das zeigt der Blick auf andere Aufführungen), sondern auch in der Handlungsregie. Einflüsterungen, Sehnsüchte, Eifersüchte, auch der kaltschnäuzige Chauvinismus Don Antonios, das alles ist banaler Alltag und wird doch erst durch Musik und Bühne wieder ins Bewusstsein gerückt. Aber gehört auch das Unter-den-Teppich-Kehren des Konflikts um Liebe, Treue und Bewiesen-haben-wollen zur „beklemmenden Aktualität“?
Und was hat es mit dem Anspruch, Mozarts Musik durch die Neufassung auch jungen Zuhörern nahe zu bringen, auf sich? Da sind zum einen die Rezitativ-Texte, die vom Staub des 18. Jahrhunderts befreit sind. Dann sind da aber vor allem Kleidung und Auftreten der Darsteller, die die Oper so richtig „aus dem Leben gegriffen“ erscheinen lassen. Fiordeligi trägt ein Sweatshirt, das ihr immer über die Schulter zu gleiten droht, Dorabella liebäugelt zwar mit der Webpelz-Jacke, erscheint aber die meiste Zeit halb angezogen und im Bademantel. Despina schließlich gibt sich die meiste Zeit über als sexy Girl, ihr Outfit ist nur nicht das der Putze, die sie vorgibt zu sein, eher das der körper- und sexbetonten Verführerin. Nur Don Antonio, der „Herr“, tritt die ganze Zeit über in Anzug und Krawatte auf. Für ihn sind eben auch die Verführung und die Wette ein Geschäft.
Wohltuend in der Tat die Besetzung.
Die Sängerinnen und Sänger - Wiebke Huhs als Fiordiligi (Sopran), Susanne Wiencierz als Dorabella (Mezzosopran) und Claudia Rometsch als verführende Despina (Sopran), dann Danilo Tepsa als Ferrando (Tenor), Hinrich Horn als Giglielmo (Bass-Bariton) und schließlich Till Bleckwedel als zynischer Don Antonio (Bass-Bariton) - brillierten durch klare Stimmen, auch in schwierigeren Passagen der Oper. Sie sangen nicht nur, sie spielten ihre Rollen auch durchweg authentisch. Und stimmgewaltig die wunderbaren Final-Tutti des ersten und zweiten Akts.
Dass nun allerdings die „beklemmende Aktualität“ des Librettos, die der Regisseur sieht, wirklich vermittelt wurde, sei dahin gestellt. Es ist ihm zweifellos gelungen, den Bogen von Mozart zu heute zu schlagen, nicht nur ihm Bühnenbild (das ist fast üblich, das zeigt der Blick auf andere Aufführungen), sondern auch in der Handlungsregie. Einflüsterungen, Sehnsüchte, Eifersüchte, auch der kaltschnäuzige Chauvinismus Don Antonios, das alles ist banaler Alltag und wird doch erst durch Musik und Bühne wieder ins Bewusstsein gerückt. Aber gehört auch das Unter-den-Teppich-Kehren des Konflikts um Liebe, Treue und Bewiesen-haben-wollen zur „beklemmenden Aktualität“?
Und was hat es mit dem Anspruch, Mozarts Musik durch die Neufassung auch jungen Zuhörern nahe zu bringen, auf sich? Da sind zum einen die Rezitativ-Texte, die vom Staub des 18. Jahrhunderts befreit sind. Dann sind da aber vor allem Kleidung und Auftreten der Darsteller, die die Oper so richtig „aus dem Leben gegriffen“ erscheinen lassen. Fiordeligi trägt ein Sweatshirt, das ihr immer über die Schulter zu gleiten droht, Dorabella liebäugelt zwar mit der Webpelz-Jacke, erscheint aber die meiste Zeit halb angezogen und im Bademantel. Despina schließlich gibt sich die meiste Zeit über als sexy Girl, ihr Outfit ist nur nicht das der Putze, die sie vorgibt zu sein, eher das der körper- und sexbetonten Verführerin. Nur Don Antonio, der „Herr“, tritt die ganze Zeit über in Anzug und Krawatte auf. Für ihn sind eben auch die Verführung und die Wette ein Geschäft.